Danilo Mondada: Humanistischer Architekt.

9. März 1947 –

 

Aufgenommen am 23. April 2015 in Lausanne.

Danilo Mondada – Association Films Plans-Fixes (plansfixes.ch)

 

> Das baufällig gewordene Alte übernehmen, aufrichten, weiterdefinieren, so dass es den Menschen mit frischer Ausstrahlung dienen kann, ist das Bestreben des humanistischen Architekten Danilo Mondada. Dank seinen Interventionen gewannen die geschichtlichen Leuchttürme der Westschweiz neuen Glanz: in Lausanne das Schloss, die Eglise Saint-François, die Oper (Théâtre de Beaulieu), der Bahnhof, das Musée de l'Hermitage, das Hôtel d’Angleterre; in Mézières das Théâtre du Jorat; in Neuenburg die Schlosskirche (Collégiale); in Avenches das römische Amphitheater. <

 

Danilo Mondada hätte es wohl nicht so weit gebracht, hätte er sich nicht gleichermassen für Geschichte wie für Architektur interessiert. In diesem Punkt gleicht er dem Lehrer an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne > Jean-Pierre Vouga, bei dem er das Architektur­diplom erwarb. Vouga, Enkel des Entdeckers von La Tène und Sohn des ersten Neuenburger Archäologieprofessors beginnt seinen „Plans Fixes“-Film mit einem packenden Kulturvergleich zwischen Römern und Kelten, und man merkt gleich: Er hat's aus erster Hand!

 

Diese weite Perspektive hat auch Danilo Mondada mitbekommen; ebenfalls von Jugend an. Mit Begeisterung spricht er vom Geschichtslehrer am Collegio Papo Ascona. An dieser Einrichtung unterrichteten Benediktiner aus Einsiedeln. Sie brachten den jungen Tessinern die Geschichte ihres Kantons bei: Untertanengebiet der Urkantone, Auswanderungsgegend. Die Schüler lernten die Geschichte als Geschiebe von politischen, ökonomischen, dynastischen, kulturellen, religiösen und sozialen Strömungen verstehen. Die Darstellung solcher Dynamik war interessanter als die trockene Chronologie von Kriegen und Schlachten. Gleichzeitig erfuhren die Schüler, welche grossen Werke ihre Vorfahren als Gipser, Stukkateure und Architekten im Ausland vollbracht hatten, in Rom, in St. Petersburg, in Konstantinopel – angefangen mit Francesco Borromini (1599–1667).

 

Mit elf Jahren begann Danilo Mondada, Sohn eines Kaufmanns und damit, möchte man meinen, erblich nicht vorbelastet, Monat für Monat am Kiosk die Zeitschrift „Werk“ zu erwerben. Sein Interesse galt den Maquetten. Sie baute er nach. „Architektur war für mich nicht eine Berufung“, erklärt er rück­blickend, „sondern eine Leidenschaft“. Als der Vater aus beruflichen Gründen nach Lausanne auswanderte (ein typisches Tessiner Schicksal) und die Familie mitnahm, besuchte der 17-Jährige elfmal die schweizerische Landesausstel­lung Expo 64, für deren Gestaltung der Tessiner Architekt > Alberto Camenzind zeichnete. Eine Begegnung mit dem faszinierenden Mann und späteren Professor, bei der er zum erstem Mal von „Corbu“ (Le Corbusier) und Ronchamp reden hörte, bekräftigte den Gymnasiasten in seiner Studienwahl.

 

Das Berufsleben begann der junge Architekt als Angestellter bei Plarel in Lausanne. Mit 32 Jahren machte er sich selbständig. Und schon bot ihn > Marx Lévy in die Baudirektion auf: „Ich hätte etwas für Sie. Wären Sie interessiert, das Theater zu renovieren?“ Danilo Mondada: „So ging das damals zu! Kein Wettbewerb. Keine Ausschreibung. Keine Baukommission. Einfach nur ein viertelstündiges Gespräch mit dem Baudirektor.“ Dieses Vertrauen ist heute verlorengegangen. Die Realität, in der wir uns bewegen, hat sich verändert. Allzu viele Leute reden in alles hinein, die meisten versehen mit einem „Bullshit Job“:

 

Ein Bullshit Job ist eine Form der bezahlten Beschäftigung, die so vollständig sinnlos, unnötig oder schädlich ist, dass sogar die Beschäftigten selbst die Existenz der Beschäftigung nicht rechtfertigen können, auch wenn die Beschäftigten sich durch ihre Arbeitsbedin­gungen gezwungen fühlen, dies nicht zuzugeben. (David Graeber: Bullshit Jobs. A theory.)

 

Ein unkomplizierter Chefentscheid half auch, den Umbau des Lausanner Bahnhofs von 1997 entscheidend zu verbessern. Dort stand ein umfangreicher Gebäudekomplex einer gescheiten Planung im Weg. Doch hiess es, er sei tabu. Danilo Mondada konnte an einer Sitzung seinen Zorn nicht zurückhalten: „Man sollte ihn in die Luft sprengen! Dann könnte man eine hervorragende Lösung realisieren.“ SBB-Generaldirektor Claude Roux warf ein: „Sind Sie sicher? Erklären Sie es mir!“ Dann murmelte er nachdenklich: „Das Projekt würde natürlich teurer. Um wie viele Millionen haben Sie gesagt? Mhm. Ein schönes Stück Geld. Anderseits: Die Qualitätsverbesserung ist eindeutig ... Also, machen wir es!“

 

„Architektur“, erklärt Danilo Mondada, „bedeutet nicht nur, wie Le Corbusier sagte, ein Spiel des Lichts mit den Volumen. Sie ist auch das Produkt einer Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Interessen, wirtschaftlichen, sozialen, politischen – neben ästhetischen und qualitativen. Seinen höchsten Zweck aber erreicht ein Bau erst, wenn er dem Menschen dient.“

 

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